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Toleranz – Gefangener im eigenen Wertesystem

„Ich bin völlig anderer Meinung, ich kann Dich absolut nicht verstehen. Aber ich will tolerant sein.“ So, oder so ähnlich lautet der Satz, wenn das Verhalten meines Gesprächspartners meinem Wertesystem widerspricht. Die eine Stimme in mir sagt: „So etwas kannst Du nicht zulassen, das ist ja völlig verrückt.“ Darauf antwortet die andere Stimme: „ Ja, aber sei doch tolerant.“ Die Toleranz macht mich zum Gefangen im eigenen Wertesystem. Die Rekonstruktive Psyche ist die ganze Zeit damit beschäftigt unsere Wahrnehmungen mit unserem Wertesystem abzugleichen und in Einklang zu bringen. Wir können unser Wertesystem nicht ablegen. Es wird immer alles beurteilen und verurteilen. Und die Toleranz wird oft scheitern, weil sie eine misslungene Vergewaltigung unseres Wertesystems ist. Wie können wir diesem Gefängnis entfliehen? Welche Möglichkeiten gibt es konfliktärmer zu kommunizieren, auch wenn wir unser Wertesystem nicht ablegen können?
Lesen Sie in der nächsten Folge: Wertschätzung – die elegante Freiheit in einer neuen Welt der Kommunikation

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Es gibt bereits 2 Meinungen zu "Toleranz – Gefangener im eigenen Wertesystem":
  • Martin Krämer

    Toleranz ist in der Regel ein ganz wichtiges Kriterium bei der Prüfung bzw. Einschätzung bestehender demokratischer Standards des jeweiligen Gegenübers. Toleranz im eigentlichen Diskurs hat sicherlich auch ihren wichtigen Stellenwert, doch sollte harmoniebetonte Toleranz nie dazu führen, dass man eigene Meinungen und eigene Ansichten deshalb nicht mehr darlegen kann oder freiwillig auf ihre weitere Verbreitung verzichtet. Ein gesundes Streitgespräch, in dem zwei vollkommen divergierende Meinungen aufeinanderprallen, sollte als Grundpfeiler Unvoreingenommenheit und gegenseitige persönliche Achtung aufweisen. Im Gespräch selbst können durchaus vertrauenserweckende Toleranzsignale ausgesendet werden- wenn es jedoch um den Kern einer gut fundierten Auffassung geht, sollte unbedingt eine Behauptung des Standpunktes- zumindest in seinen Grundfesten- angestrebt werden. Wenn Toleranz angewendet wird, sollte dies immer auf Gegenseitigkeit beruhen und NIE einseitig sein. Gegenseitige Toleranz führt dann in der Regel zu einer Kompromisslösung- was oft als erfolgreicher Abschluss eines Diskurses gewertet wird.

  • Eugen Spannocchi

    Schlecht verstandene Toleranz heisst: den anderen in seiner Meinung unwidersprochen lassen und dem Konflikt ausweichen. Das geht dann bei aber nur bis zu extremen Fundamentalismen und partikularistischen Sonderpositionen. Die kann man dann nicht mehr unwidersprochen lassen (zB die Ablehnung der Demokratie). Die richtige Toleranz müsste wohl sein: im Standpunkt des anderen das Beschränkte kritisieren und das Universale beider Positionen herausarbeiten (s. Hans Joas, zB “Glaube als Option”)